Schauspiel Stuttgart: Polizei×Ruf

Nach “Gutes Wedding schlechtes Wedding” in Berlin und “Heiße Ecke” in Hamburg gibt es nun auch im Schauspiel Stuttgart eine monatliche Soap – den Polizei×Ruf.

In Anlehnung an den “Tatort” im Fernsehen werden in jeder Folge Kriminalfälle von Ermittlern aus unterschiedlichen, hier nicht Städten wie im Tatort, sondern Stuttgarter Stadtteilen aufgedeckt. Die Fälle nehmen Bezug zu Ereignissen der aktuellen Jahreszeit, so wie in Folge 2 dem “Heiligen Drei Könige Tag”, was eine eigene Komponente hineinbringt.

Leider blieb der gewünschte Lokalkolorit aus, was daran liegen könnte, dass Armin Petras, der neue Intendant des Schauspielhauses und seine Truppe, die schwäbische Metropole noch nicht verinnerlicht haben. Ob gewünscht war, dass die Schauspieler ständig aus der Rolle fallen und vorrangig die Schauspieler selbst über ihre aneinander gereihten Flachwitze gelacht haben, während aus allen Ecken des Publikums Unmut über die Unprofessionalität akustisch oder über Körpersprache wahrzunehmen war, ist fraglich. Handelt es sich bei der Soap um Improvisationstheater, was angesichts der Tatsache, dass jede Folge nur einmal gezeigt wird, Sinn machen würde, sieht der Fall anders aus. Das würde zum Beispiel erklären, weshalb die Schauspieler Probleme hatten, in ihrer Rolle zu bleiben und dem Zuschauer eine andere Brille aufsetzen. Zu erwähnen wäre dies auf jeden Fall im Programmheft…

Tatsächlich hätte man viel aus der Geschichte machen können: Bäckerei Braun, an dem die Leiche entdeckt wurde, hätte mehr Anspielungen auf die angesagte Bäckerei Bosch (“Brezelbäck”) im Stuttgarter Westen nehmen können, z. B. in dem sich die Kunden in einer langen Schlange die Beine in den Bauch stehen (wie dies an Samstagen zu beobachten ist), während Kommissar Kräuterle (der an diesem Abend entgegen dem Namen im Programm in konsequenter Boshaftigkeit mit Kommissar Kraus betitelt wurde) die Leiche begutachtet. Kommissar Kräuterle fehlte zudem komplett die Stuttgart West Attitüde des gepflegten Hipster mit leichtem Stuttgarter Akzent, was sehr schade war, denn so blieb die Frage: Was an Kommissar Kräuterle machte ihn zu einem Bewohner des Stuttgarter Westens?

5 Euro Eintritt sind verschmerzbar und Unterhaltung war es allemal, wenngleich sie weit unter meinen Erwartungen blieb. Da es jedoch erst Folge 2 war, vergebe ichs dem “Neigeschmeckten” Armin Petras und seiner Truppe: Jede Integration ist schwer, vor allen Dingen ins “Ländle”.